JESUS ON THE OTHER SHORE

Translated by Stuart Waugh (will be published soon)

The Gnostic Interpretation of Exodus and the Beginnings of the Joshua / Jesus cult

In a gnostic interpretation, the Exodus motif has strong affinities with Buddhist-Indian conceptions. An investigation of where and when the thought systems of East and West converge — in this case, Hebrew scripture and Jewish tradition on the one hand, Buddhist and Indian spirituality on the other — leads to the Therapeutae, described by Philo of Alexandria in his De Vita Contemplativa. The Therapeutae were, in all probability, Jewish Buddhists/Buddhist Jews. Their central mysterium consisted of a nocturnal celebration of the Exodus, which they regarded as a passing over from the sensual-material realm (= Egypt) to the rational-spiritual realm (= the wilderness/Holy Land). Strongly rooted in Jewish tradition, the Therapeutae venerated Moses above all, while closely related gnostic Christian groups such as the Peratae and Naasenes perpetuated traditions centered on Moses’ successor, Joshua. For these latter groups, Joshua/Jesus was the counterpart of Moses. The old cult of Moses was superseded and surpassed by the new, gnostic-Christian cult of Joshua-Jesus.

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Die gnostische Interpretation des Exodus-Motivs berührt sich eng mit buddhistisch-indischen Vorstellungen. Die Frage, wo die beiden Linien, jüdische Tradition und hebräische Bibel einerseits, buddhistische bzw. indische Spiritualität andererseits, konvergierten, führt zu den Therapeuten, über die Philo von Alexandrien in seiner Schrift De Vita Contemplativa berichtet. Bei den Therapeuten handelte es sich höchstwahrscheinlich um jüdische Buddhisten bzw. buddhistische Juden. Ihr zentrales Mysterium war eine nächtliche Feier des Exodus, der von ihnen als Übergang von der sinnlich-materiellen (= Ägypten) zur geistig-intelligiblen Sphäre (= Wüste/Heiliges Land) gedeutet wurde. Frühe christliche Gnostiker wie Peraten und Naassener knüpften daran an. Dabei übertrugen sie jedoch auf den Nachfolger des Mose, Josua, was bei den stärker in der jüdischen Tradition verwurzelten Therapeuten Mose vorbehalten blieb. Jesus/Josua wurde bei ihnen zum Gegenbild des Mose. Der alte Mosaismus sollte durch den neuen, gnostisch-christlichen Josuanismus überboten werden. Der christliche Erlöser Josua/Jesus war, so betrachtet, nichts anderes als ein Ergebnis der jüdisch-buddhistischen Exegese des Alten Testaments. Der „geschichtliche“ Jesus, d. h. Jesus von Nazaret, wurde im Laufe des 2. Jahrhunderts aus dem Bild des alttestamentlichen Josua heraushypostasiert.

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8 Kommentare

  1. Ein wunderbarer Aufsatz, dessen einzelne Thesen mir „aus der Seele“ sprechen!!!
    Die Interpretation des „Exodus-Übergangsmotivs“ (leider ohne tieferes Eingehen auf den Übergang zur Duat und in die Sternenwelt), die Hinweise auf Alexandria als örtliches Bindeglied zur fernöstlichen Welt und deren Philosophie-Einflüsse, die Therapeuten und Josua Ben Nun und letztlich die (für mich einzig logischen) Ableitungen zur Figur des Jesus von Nazaret sind eine würdige Zusammenfassung vieler, vieler richtiger Erkenntnisse und Gedankengänge. Mit jeweils einer stärkeren Prise an Ägyptischem, Kosmologischem und Pythagoreischem kommen wir der ganzen Sache wohl ziemlich nah.
    Ganz herzliche Grüße, H.S.

  2. An einer Stelle steht, dass Philo die Therapeuten fuer christliche Moenche hielt. Das muss doch sicher Eusebius sein.

    An einer anderen Stelle wird ein Buch von Isaac Jacob Schmidt aus dem Jahre 1929 erwaehnt. Es muss aber wesentlich frueher gewesen sein, denn das Werk von Schmidt diente schon Schopenhauer als Quelle fuer die Hypothese von den buddhistischen Quellen des Geistes des Neuen Testamentes.

    1. Ja, es ist Eusebius, ich habe das auf Seite 28 bemerkt.
      Sie haben recht. Auf Seite, Anm. 41 muss es natürlich 1828 (statt 1928) heißen, wie ja auch im folgenden Literaturhinweis. Tippfehler. Vielen Dank für Ihre aufmerksame Lektüre!

  3. GA vdBvE schrieb einmal etwas uebe Indische Einfluesse auf diue Evangeliengeschichte. Ich kann das aber jetzt nirgends mehr finden.

    1. Ich kenne das Buch von vdB. Aber er ist m.E. viel zu pessimistisch, was den Einfluss buddhistischer Erzählungen auf die Evangelien angeht.

  4. Nach Durcharbeitung Ihres Textes über die Anfänge des Josua/Jesus-Kultes bin ich mehr als Begeistert von Ihrer wissenschaftlichen Leistung. Wie Sie hier auf vielfältige Weise die Herkunft nicht nur des Namens, sondern auch der Person (Rolle, Aufgabe) des neuen Moses in Josua, Jesus belegen, was ich bisher nur aufgrung geschichtlicher Logik oder beispielsweise durch den bei Ihnen gelesenen Bolland (einzelene von Fabri übersetzte Philo-Stellen), gar einer Bezugnahme Melanchtons (bei der einheitlichen Namenseinführung in die Übersetzung) auf Jesus Sirach als jüdische Weisheit, belegt sah, lässt sich nich länger leugnen. Den jungen Mann mit zufälligem Namen Jesus, der nach heutiger Hochschullehre nur von seinen Anhängern verherrlicht und dann jüdischen Hellenisten literarisch zu dem gemacht wurde, was er nicht war und wollte, wonach dann alles nicht mehr als ein fiktiver Glaubensmysthos wäre, den hat es nicht gegeben.

    Doch kann es sich bei dem neuen, nun mehr als Moses, das wie auch von Ihnen deutlich gemacht, im gesamten Judentum der Zeitenwende intensiv bedacht und diskutiert wurde, nur um eine aus buddhistischer Spiritualität gehandelt haben?

    Was spricht dagegen, die Vernunft, nach der in anfänglicher Natur- und Geisteswissenschaft das Werden/Weltgefüge, wie das menschliche Verhalten auch im hellenisischen Judentum erklärt und dort als das dem allegorisch als frühe Philosophie gesehen Moses (das diesem gegebene Wort) verstanden wurde, damit das, was wir heute als Ökologie „übersetzen“, auf der Gegenseite (dem „anderen Ufer“) auch als Evolutionslehre oder evolutionäre Erkenntnis gilt, als das bereits damals weltgültig gewordene Wort zu verstehen, das aufgeklärten Juden als Josua galt und Hoffnung auf eine Goldene Zweit (gelobtes Land) war?

    Indem Sie deutlich machen, dass es den an den Hochschulen gelehrten hellenistisch oder sonst zur Herrlichkeit gemachten Handwerksbuschen nicht gab, zeigen Sie doch auf, dass es mehr gegeben haben muss. Wie wir auf andere Weise nach dem Wesen fragen müssen, das dem als zu intellektuell, geheimnisvoll, dualistisch.. abgelehnten christlichen New Age, wie auch der kirchlichen Erkenntnis (Gnosis) zugrunde lag oder diese hervorbrachte.

    Haben die heute als Gnosis bezeichneten intellektuellen Erkenntnislehren eines chrislichen New Age, die im hellenistischen Judentum entstanden, philosophische Vernunftlehren ihrer Zeit Kultsprache alter Vorbilder (ob hebräisch-prophetisch, ägpytisch, griechisch) übersetzten, dabei nur buddhistische Spiritualität weitergesponnen oder galt ihnen die Vernunftlehr (Logos), damit das aufgeklärt verstanden Wort als mehr als Moses?

    Haben sich die auch von Ihnen oft als zitierten früchchristlichen Erkentnislehrer nur als allegorische Interpreten des Exodus verstanden oder sahen sie nicht vielmehr aufgrund ihres bildhaften Verstandes der Traditionslehre in Ihrem Neuverstand des Wortes auf der gegnerischen Seite griechisch-philosophischer Lehre (Logos), damit dann auch der schriftlichen Übersetzung, den neuen Exodus, wie Sie ihn vielfältig nachblättern?

    Wäre nicht der Übergung auf die andere Seite des Jordan, das Durchschreiten des Meeres… im philosophischen Judentum historisch zu beobachten, statt zu unterstellen, dass es von deren Idealgemeinschaft schöpferisch vernünftigen Lebens (oder weltweit tätigen Therapeuten) in China abgeschrieben wurde.

    Dass auch im Osten der Wandel vom Mythos zum Logos in sog. Achsenzeit eine neue, dort spirituelle Erkenntnis bewirkte, die sich ähnlicher alter Kulturbilder bediente, liegt auf der Hand, belegt aber auch so: Die Vernunft, um die es hellenistischer Aufkärung bzw. dem philosophischen Judentum und damit christlicher Gnosis ging, war nicht auf das Mittelmeer beschränkt.

    Hat die urchristliche Erkenntnislehre des Manichäismus, die sich auf Josua, Jesus berief, in ihr Universalverständnis auch den Buddhismus mit aufnahm, auch nur buddhistische Spritualität abgeschrieben? Oder lag der die gleiche Vernunft der Zeit zugrunde, die sich auf universale Weise und damit in einer kreativen Realität begründete, wie sie auch die östliche Weisheit speiste?

    Wenn heute davon auszugehen ist, dass die inzwischen als urchristlich anerkannten und wissenschaftlich ausgewerteten Erkenntnislehren, aus deren neuem jüdisch-theologischen Paradgima nicht nur die Pauluslitertur, sondern auch die Evangelien entstanden, sich als Weltbürgertum verstanden, neujüdische Vernunft-Lehrer wie Valentin keine frommen Schwärmer waren, sondern den Sinn ihres Seins im kreativen Ganzen in Vernunft gefunden hatten und nun von nichts anderem mehr reden wollten (chrislicher Glaube und Mission) oder beschrieben wird, wie diese in Konkurrenz zu anderen Wahrheitssuchern waren, ist das alles (was auch Sie im Artikel als geistigen Hintergrund/Diskussion der Zeit aufzählen) auf buddhistische Spritiulität zurückzuführen?

    Lässt sich Herklits Fluss, nach dem alles Werden als Logos erklärt wurde, in den keiner zweimal steigt, auf den nicht nur Hippolyt Bezug nahm, sondern der bereits hellenistisch gebildeten Juden als das galt, was wir heute auch in evolutionärer Erkenntnis beschreiben und so auch in China floss, einfach beiseite schieben und alles in östlicher Spiritualit begründen?

  5. Im Hinblick auf den Josua/Jesus-Kult noch ein mir wichtige Frage:

    Ab wann findet sich in den Handschriften des Neuen Testamentes der Jesusname?

    Auch wenn m.W. Hironymus auf kirchlicher Seite erstmals auf Josua/Jesus verwiesen und die Kirchenväter das christliche Wesen als Josua gesehen haben sollen. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass bis zu Erasmus von Rotterdamm, der m.E. auf die antike Weisheit frühen Humanismus Bezug nahm und dann Luther, der bekanntlich dem Volk aufs Maul schaute, in diesem Sinne verständlich übersetzen wollte, „nomina sacra“ (IH, IC, IHC), also Gottesnamen oder christologische Titel und Umschreibungen gebraucht und nicht ausdrücklich von einem „Josua“ bzw. Jesus geschrieben wurde. Dass die Gottesnamen nach heutiger Heilsprediger-Hypothese als Abkürzungen für einen jungen Mann mit Namen Jesus gesehen, selbst ein griechischer „Zeus-Pantokrator“ als Titel für den Junghandwerker ausgelegt wird, ist mir auch klar. Gleichwohl ich beispielsweise eine Notiz Melanchtons an einen Apothekerfreud kenne, in der dieser bei der Namensgebung auf Jesus Sirach, damit jüdische Weisheitsliteratur im Namen Josua Bezug nimmt.

    Wie ich Ihrem Text über den Josua/Jesus-Kult entnehme, gehen Sie davon aus, dass schon ganz früh von Josua, damit Jesus geschrieben worden wäre. Was ja bei hellenistischen Juden als Verfasser der Texte, die bekanntlich in der griechischen Vernunftlehre (Logos) das den Propheten maßgebende, nun weltgültige Wort verstanden, was so in Folge Moses die Funktion Josua war durchaus verständlich wäre. (Ich kenne übrigens immer noch kein Argument, das gegen die historische Deutung der dem philosophischen Judentum, damit auch aller früchristlichen Bewegungen, die in der Kritik meist als Ursprung angenommen werden, als Josua geltenden Vernunft spricht.)

    Doch wurde in den griechischen Urtexten wirklich schon von Josua geschrieben?

    Kommt dieser Namen in den Orginalen der frühen Texte oder der Diskussion um das christliche Wesen vor? Auch wenn heute wie selbstverständlich von „Jesus“ geschrieben wird, wie wenn über die Gottheit (was immer das dann auch ist) eines Jesus gerufenen Handwerksburschen aus Galiläa gestritten worden wäre (was m.E. für diese Zeit, die römischen Kaiser, wie die allzu diskussionfreudigen neuplatonischen Intellektuellen undenkbar ist), lässt sich der Josua-Name bereits dort belegen? Oder wurde vom Logos gesprochen, der in natürlicher Schöpfung begründeten Vernunftlehre, die eindeutig ja auch der ewigen Diskussion und den frühkirchlichen Lehren zugrunde lag?

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